Am 23. Februar 2020 bin ich auf Platz 12 der Landesliste der SPD über Personenstimmen in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt worden. Das Corona-Virus war noch fern und erschien als ein Problem, über das aus China im dortigen Wuhan berichtet worden ist. Es überwog die Spannung im Hinblick auf die neue Arbeit. Bereits kurz nach der Wahl wurden wir SPD-Abgeordneten gebeten, bis zum 16. März 2020 unsere Wünsche für die Besetzung der Fachausschüsse der Bürgerschaft anzugeben. Ich habe mich gedanklich sehr damit beschäftigt, wie ich meine vielfältigen Interessen (Gleichstellung, Senioren, Gesundheit, Haushalts- und Finanzpolitik, Umwelt-, Klima- sowie Tierschutz, Sicherheit und Recht, Europarecht, europäische Beziehungen und Internationales) gewichten und in Wünsche für Mitgliedschaft in bestimmten Bürgerschaftsausschüssen umsetzen kann.
Anfang März 2020 war das Corona-Virus schon näher gekommen. Einige Menschen, unter anderem ich, wollten auf das bei SPD-Treffen übliche allgemeine Handschütteln verzichten. Damals begegneten dem noch Viele mit Unverständnis.
Ab dem 11. März 2020 erließ der Hamburger Senat zahlreiche Allgemeinverfügungen zur Eindämmung des Corona-Virus‘ in Hamburg durch vorübergehende Beschränkungen in den verschiedenen Lebensbereichen. Am 2. April erlässt der Senat die (erste) „Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg“ mit erheblichen Kontaktbeschränkungen.
Am 18. März 2020 fand die konstituierende erste Sitzung der neu gewählten 22. Bürgerschaft statt, zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung des Corona-Virus‘ über die Abgeordneten bereits in reduzierter Besetzung mit etwas mehr als der Hälfte der Abgeordneten, allerdings noch im Sitzungssaal der Bürgerschaft. Die nachfolgenden Bürgerschaftssitzungen am 1. und 22. April 2020 fanden, weiter mit lediglich etwas mehr als der Hälfte der Abgeordneten, im großen Festsaal des Rathauses statt, wo sich die gebotenen Abstände zwischen den Abgeordneten besser realisieren lassen.
Danach verzeichnet mein Terminkalender fast nur noch Telefonkonferenzen, der Bürgerschaftsfraktion, überwiegend mit zahlreichen Senatoren und teilweise auch dem Bürgermeister Peter Tschentscher, der Arbeitsgemeinschaft 60plus der SPD, der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, des Hamburger SPD-Landesvorstands und schließlich auch des Kreisvorstands der SPD-Bergedorf. Die Digital-Kompetenz erhöht sich rasant, bei mir und wahrscheinlich auch bei vielen anderen Mitmenschen.
Alles läuft nur noch digital, gelegentlich mit telefonischer Unterstützung: Anträge stellen, etwa bezüglich des elektronischen Zugangs zu Informationssystemen und Datenbanken der Bürgerschaft, Suche eines Abgeordnetenbüros, Beschaffung von Schlüsseln, Telefon, Internet, Computer und Mobiliar für das Abgeordnetenbüro, Suche nach Mitarbeitern sowie vieles mehr, Zunächst habe ich damit sehr gehadert, weil nach meinem Eindruck alles zeitaufwändiger war als mit der Möglichkeit direkten Kontakts und mir die Abwechslung zwischen Heimarbeit am Computer und auswärtigen Sitzungen fehlte.
Wie wohl die meisten von uns, habe ich mich mit den neuen Arbeitsbedingungen in einer Virus-Pandemie arrangiert. Meine Digital-Kompetenz ist gestiegen und ich sehe täglich, dass es uns in der Bundesrepublik Deutschland und in Hamburg im Vergleich zu den Zuständen in anderen Teilen der Welt, einschließlich zahlreicher europäischer Städte, noch ganz gut geht: Vergleichsweise weniger Todesfälle durch das Corona-Virus, keine Überlastung des Gesundheitssystems, abgesehen von gelegentlichen Engpässen bei Toilettpapier, Mehl und Nudeln kann man die nötigen Waren kaufen, wir dürfen raus in die Frühlingsluft und mit den Menschen, mit denen wir zusammen wohnen oder einer anderen Person zusammen spazieren gehen und vieles mehr.
Stärker betroffen von der Corona-Krise sind allerdings die vielen Menschen, die ihre Arbeit verlieren, um den Bestand ihrer Betriebe oder sogar um ihr Leben oder das Leben von Angehörigen oder Freunden fürchten müssen. Auch Menschen, die verstärkt Ansteckungsrisiken ausgesetzt sind, weil sie etwa in Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeheimen weiter arbeiten, und die Familien, die plötzlich ihre Berufe und die Betreuung ihrer Kinder gleichzeitig zu Hause unter einen Hut bekommen müssen, behalten wir bei der Arbeit in der Bürgerschaft im Blick, wenngleich nicht für alle sofort die perfekten Lösungen zur Hand sind. Dafür ist das Problem Corona-Pandemie zu riesig und komplex. Zum Glück wissen das die meisten Menschen und mühen sich, möglichst gut mit der neuen Lage fertig zu werden.
Aus meinen Erfahrungen der ersten Wochen als Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft kann ich versichern: Die Politiker tun das auch. Unser Bürgermeister erscheint als nahezu unbegrenzt leistungsfähig. Kürzlich habe ich in den sozialen Medien zu seiner Arbeit die Zeile gelesen: „Wann schläft er überhaupt?“. Berechtigte Frage, die für viele Senatoren ebenfalls gilt. Ich bin froh, dass noch der gut eingearbeitete bisherige Senat im Amt war, als die Corona-Pandemie bei uns angekommen ist, und dass er die Geschäfte vorerst noch in alter Besetzung weiterführt.
Ich als neue Abgeordnete bin über den ersten Unmut über die Arbeitserschwernisse auch längst hinaus gelangt und tief in die inhaltliche Arbeit eingetaucht, über die ich Ihnen jetzt regelmäßig auf meiner Internetseite berichten werde.